Es ist schon deswegen schwierig, etwas über Rev.
Moon zu sagen, weil sein Leben nicht von seinen
Überzeugungen getrennt werden kann und mit den
Aktivitäten der Vereinigungskirche verwoben ist.
Jede Arbeit über Sun Myung Moon muß diesen
Dreiklang aus persönlicher Lebensgeschichte, Lehre
und Organisation ansprechen. Es ist auch immer wieder
vergeblich, das Lebenswerk Moons in Stränge
religiöser und weltlicher Aktivitäten zu
entflechten. Sung Doh Sheen, ein koreanischer Politologe
und ehemaliger Universitätspräsident aus der
Stadt Taegu, wurde für ein Buchprojekt aufgefordert,
"jene Aspekte Rev. Moons zu analysieren und
einzuordnen, die non-religiöse Aktivitäten
betrafen. Jedoch ist Rev. Moon vom Wesen her eine
religiöse Figur und sein Leben und sein Werk
können nicht von seinem Glauben abgekoppelt werden.
Was sich als weltliche Aktivtät darbietet, stellt
sich in der letzten Analyse als in seiner religiösen
Vision tief verwurzelt heraus." Jede Beschreibung
des Menschen Sun Myung Moon erfordert also einige
Kentnisse über seine Lehren und berührt neben
der Vereinigungskirche auch die Arbeit einer breiten Zahl
von Organisationen.
Wichtige, und in Hinblick auf die Frühgeschichte der Bewegung oft einzige im Westen verfügbare Erzählungen über die Vereinigungskirche wurden nicht schriftlich ausgearbeitet, sondern als Predigtmitschriften festgehalten, unter Verwendung kircheninterner Termini (Rev. Moon wird hier in der Regel ohne Namenszusatz mit "Vater" bezeichnet) und durchsetzt mit Äußerungen der Verehrung. Reverend Moon und seine Frau werden von Nachfolgern als wahre Eltern erlebt. Der amerikanische Kirchengeschichtler Warren Lewis hat diese Beziehung zwischen Religionsstifter und Nachfolgern beobachten können, als er am unifikatorischen Seminar in den USA lehrte. Lewis schrieb: "Innerhalb der Vereinigungskirche werden Rev. und Mrs. Moon als die »Wahren Eltern« geliebt und diese Liebe nimmt oft die Form der Ehrerbietung einer orientalischen Familie an." Der Titel "Wahre Eltern" ist dabei, wie auch Lewis bemerkt, theologische und soziale Programmatik, aber diese "Aufgabe, ein Beispiel für wahre Elternschaft zu geben" wirkt auch stark auf der emotionalen Ebene. Kirchenmitglieder haben in großer Zahl ihren Wahren Eltern Gefühle entgegengebracht, die denen einer Familienbindung entsprechen und sie beschreiben ähnlich wie die von jemandes liebenden Kindern gezeichneten Lebensbilder nicht alle Punkte im elterlichen Leben objektiv. Eine unverhoffte Schwierigkeit bei Darstellungen durch Vereinigungskirchenmitglieder liegt darin begründet, daß eine traditionell "christliche" statt einer unifikatorischen Perspektive ihre Sicht des Kirchengründers steuerte. Viele Anhänger Rev. Moons projizierten ihre Erwartungen aus der eigenen christlichen Wiederkunftssicht auf diesen Mann, sobald sie ihn als messianische Persönlichkeit akzeptierten. Die christliche Endzeiterwartung war auf einen fleischgewordenen Gott fixiert, auf eine Lichtgestalt, die auf Wolken herniederschwebt, auf einen übermenschlichen Herrscher, der, allwissend um alle guten und bösen Taten, kommen werde, zu richten die Lebenden und die Toten. Die ersten amerikanischen bzw. europäischen Mitglieder der Vereinigungskirche hatten sich Rev. Moon und seiner Lehre aufgrund von Erzählungen, Gebeten und manchmal bruchstückhaften Erklärungen angeschlossen. Als Resultat einer Übertragung von christlichen Erwartungsmustern auf den geistigen Leiter konnten sich manche dieser Mitglieder kaum vorstellen, daß ihr Messias fester oder flüssiger Nahrung bedürfe oder an irdische Transportmittel gebunden sein könnte. Selbst Won Pil Kim, einer der frühesten Nachfolger Rev. Moons, nur einige Jahre jünger als dieser, hielt den Lehrer für "eine Art Superwesen". Won Pil Kim: "Ich sah ihn als eine so außerordentliche Person an, daß es mir selbstverständlich schien, er sei immun gegen Hunger, Schmerz oder sonstige menschliche Gefühle." Als Weggefährte der Flucht aus Nordkorea und Mitbewohner der gleichen Hütte in Pusan hat Won Pil Kim eine andere Sicht entwickelt, aus der er Rev. Moon später so beschrieb: "Er ist in dieser Hinsicht nicht anders als jeder von uns. Gott schickt ihm keine besondere Stärke, also wird er genauso von Müdigkeit geplagt wie du und ich. Er fühlt die gleiche Freude und wird wie wir mitunter von Traurigkeit überwältigt. Er war erfolgreich, indem er durchgehalten und sich mehr als irgendjemand investiert hat." Auch Dr. Young Oon Kim, studierte Theologin und Mitglied der Vereinigungskirche, lernte Reverend Moon als einen Menschen kennen, der die ganze Bandbreite der Gefühle von Freude, Trauer, Einsamkeit, auch Ärger durchmacht, differenziert ihre Ansicht aber dadurch, daß sie sagt: "Bei jeder dieser Gelegenheiten wirkte er jedoch als jemand auf mich, der sich von persönlichen Gefühlen nicht beeinflussen läßt. Er zeigte unter allen Umständen einen hochentwickelten Sinn für Prioritäten." Moon selber hat sich als einen Menschen bezeichnet, der alle Gefühle und körperlichen Empfindungen in größter Intensität erlebt und klargestellt, daß es keine Übermenschen gibt, nur Selbstkontrolle: "Wenn eine gewöhnliche Person Versuchungen unterliegt, springt sie meist mitten rein, aber Heilige sind anders. Obwohl ein Heiliger ein Stück weit angezogen werden mag, werden seine Füße unerschütterlich standhalten. Wie heiligmäßig eine Person auch sein mag, sie wird durch ihren menschlichen Charakter und ihre Verwundbarkeit festgelegt." Insgesamt ist es kaum möglich, von einem Privatleben Moons im gewöhnlichen Sinne zu berichten. Wie bei vielen Persönlichkeiten großer Bekanntheit gibt es kaum einen Moment, in dem Reverend Moon frei von jeglicher Beachtung ist. Auch Dinge, die normalerweise in die Kategorie Urlaub und Erholung fallen, werden von ihm mit außergewöhnlicher Hingabe betrieben und immer in Verbindung zu seiner Mission gesetzt: beispielsweise liebt Sun Myung Moon das Hochseeangeln vor der Küste Alaskas, bereitet sich auch mit Vorliebe auf dem Ozean spirituell auf Vortragsreisen o.ä. vor. Jedoch beginnt ein durchschnittlicher Tag eines solchen "Angelausflugs" auch beim heute 75jährigen Rev. Moon um 4 Uhr morgens und endet nach Mitternacht. Als persönliche Lebensmaxime bezeichnet er die absolute Hingabe an den Willen Gottes, als sein Motto den Einsatz für eine gottgefällige Welt "mit dem Herzen eines Vaters und in den Schuhen eines Dieners". |