Das Programm des Reverend Moon mag
unzeitgemäß oder gar bedrohlich scheinen, wenn
es plakativ mit "Errichtung von Gottes Reich auf
Erden und in der Geistigen Welt" bezeichnet wird,
oder als utopische Hoffnung, wenn er sagt: "mit
einer wahren Familie und mit Dir wird ein Bereich der
Befreiung, Freiheit, Vereinigung und des Glücks
seinen Anfang nehmen". Was Reverend Moon sich unter
dem Reich Gottes auf Erden vorstellt? Die Frage
beantwortet sich aus seinen Lehren und seinem Leben
zunächst in einer Negativdefinition: Ein
zehntausendjähriges Reich unter einem absoluten
Meister aus dem Morgenland ist es nicht. Kein
fundamentalistischer "Gottesstaat" unter
irgendwessen Krummstab, sondern eher die unsichtbare
"Wohnung Gottes unter den Menschen" (Off.
21,3).
Die (sich unweigerlich entwickelnde) Weltkultur wird unterschiedlichste Traditionen und Erwartungen integrieren müssen, wobei ein abendländischer Kulturkolonialismus sich nicht durchsetzen lassen wird. Die Souveränität Gottes ist Reverend Moon sehr wichtig. Die Souveränität Gottes in einer Kultur, die sich in gemeinwohlorientierten Strukturen äußert und zugleich jedem Individuum und mehr noch jeder Familie ein Selbstverständnis als direktes Gegenüber Gottes zubilligt, ist noch nirgends in ein gesellschaftliches Konzept und politisches System umgedacht worden. Keine Organisation, auch nicht die "Vereinigungskirche", kann Vor- oder Abbild einer Weltkultur sein. Für ein solches Muster sind allenfalls eine wahre Familie und eine Gemeinschaft wahrer Familien gut. Die komplexen und komplementären gesellschaftlich-politischen Ordnungsvorstellungen aus Ost, West, Nord und Süd und die zwangsläufig enorme Eigendynamik der Weltgemeinschaft brauchen die Verankerung im ethischen Grundkonsens und in den universalen familialen Strukturen. Wer wissen will, warum und womit der "Messias und wahre Vater" seine Nachfolger begeistert, sollte wohl zunächst nicht sinnieren, ob Lehre und Praxis des Unifikationismus unserem deutschen Kulturkreis entspricht, sondern zuerst diese Anhänger befragen. Er sollte aber vor allem der Vorstellung entsagen, die Vereinigungskirche und ihr Gründer seien quasi identisch. In der Entwicklung der VK sind Gegensätzlichkeiten und Anpassungen an die unterschiedlichsten Landeskulturen eindeutig ersichtlich. Die Kirchenkultur in Korea und Japan unterscheiden sich voneinander ebensosehr wie von den europäischen Gemeinden. Ein amerikanischer Unifikationist beispielsweise mag zu einer Figur nach Art eines Forrest Gump geworden sein: voll unverbrüchlichem Vertrauen auf seine wahre Liebe, Menschenrechtler aus normalem Mitgefühl, loyal zu seinen Oberen, auch da wo Fehler gemacht wurden, naiv-erfolgreich und trotz seines absonderlichen Lebens vorbildlicher Mitbürger. Er mag sogar ein erfolgreiches Shrimp-Business aufgebaut haben. (Ironie der Insider: eine Werft und eine Shrimpverarbeitungsfirma, größter Arbeitgeber in Gumps Erfolgsort Bayou la Batre, Alabama, sind landauf, landab als Moonie-Enterprise bekannt.) Der US-Moonie mag aber auch jener Typ gewesen sein, der dem Dauerläufer Forrest Gump in religiöser Verzückung hinterher rennt, ohne zu wissen, warum, wieso und wohin, und der dann irgendwann dumm in der Wüste rumsteht und fragt: "Äh, was soll ich jetzt machen?" (Nein, Forrest Gump war kein VK-Projekt; der einzige Film, den Rev. Moon je produzieren ließ, Inchon, huldigte in Vor-Rambo-Zeiten Koreas Befreiung durch Gen. MacArthurs Truppen. Er wird in Filmlexika als - bis 1995 - größter finanzieller Flop der Kinogeschichte ausgewiesen.) Eines der bevorzugten Lieder in der Vereinigungskirche kommt aus dem Musical "Man of La Mancha", der amerikanischen Adaption des Don Quichotte-Themas. To dream the impossible dream - to reach the unreachable star. Die Botschaft: kämpf für das Rechte, ohne Frag, ohne Pause. To be willing to march into hell for an heavenly cause. Sun Myung Moon sucht nicht verlorene Vergangenheit zu reanimieren, er flieht in keine Sphäre verträumter Ritter und holder Prinzessinen. Er wirbelt durch die Welt, trifft heute Pastoren in Uruguay, spricht morgen zu Politikern in Paris, fährt übermorgen mit Unifikationisten vor Kodiak auf Fischfang, plant ein elektronisches Weltjugendforum und einen Highway des Friedens zwischen Moskau und Tokio für übermorgen. Er hat mehr Organisationen und Projekte ins Leben gerufen als daß ein einzelner Mensch sich in allen engagieren geschweige denn sie kontrollieren könnte. Nicht immer haben die Organisationen sich zu vor Eigenintiative strotzenden Selbstläufern entpuppt. Bei weitem nicht alle Projekte, Konzepte und Ideen waren erfolgreich; manch kostspieliges Unterfangen kam in Schwung : ) und fiel dann voll ins Wasser :-(. Dennoch ist der Erfolg insgesamt überwältigend. Es scheint, daß Sun Myung Moon alle Welt erlösen will. Die Tradition der Segnung und die Stiftung wahrer Familien sind ihm wichtigstes Mittel für die Schaffung der Weltkultur und Wurzel des Weltfriedens. Die stabile "Achse", um die sein Leben - er spricht auch immer noch als Techniker - "rotiert, ohne zerrisen zu werden", ist die so unsichtbare wie unlösbare Beziehung zu Gott. Auch von seinen engsten Nachfolgern und den Mitgliedern der weltweiten Vereinigungskirche kennt ihn, wie er sagt, niemand zu 100%. Keiner wisse um alles, was er erkämpfen und auch erleiden mußte. Noch eins ist gewiß: keine noch so ausführliche Darstellung kann alle Aspekte und Leistungen seines Lebens nachzeichnen, doch die Schwingung tiefster und wahrer Einheit zwischen Sun Myung Moon und Hak Ja Han ist als sichtbare Summa Vitae dieser beiden forever young Liebenden ihr strahlendstes Lebenszeugnis. |