DIE GÖTTLICHEN PRINZIPIEN
TEIL 1 - KAPITEL 4
Das Wort "Messias" kommt aus dem Hebräischen, bezeichnet einen Gesalbten und bezieht sich besonders auf einen König. Das auserwählte Volk der Israeliten glaubte den durch die Propheten offenbarten Worten Gottes, daß er ihnen einen Erlöser senden will, der als ihr König das Volk erretten soll. Das war die messianische Hoffnung der Israeliten. Jesus Christus kam in diesem Sinne als der Messias. Der Ausdruck "Christus" bedeutet "Messias" im hellenistischen Sprachgebrauch, allgemein den "Erlöser" bezeichnend.
Der Messias sollte kommen, um Gottes Zweck der Vorsehung der Erlösung zu erfüllen. Wegen des Sündenfalles brauchte der Mensch einen Erlöser. Darum müssen uns zuerst die Zusammenhänge in bezug auf den Sündenfalls klar sein, bevor wir uns mit dem Problem der Erlösung befassen können.
Das Wort "Fall" bringt zum Ausdruck, daß Gottes Zweck der Schöpfung unerfüllt blieb. Wir müssen uns also zuerst mit den Problemen auseinandersetzen, die sich auf den Zweck der Schöpfung beziehen, bevor wir uns mit den Fragen um den Sündenfall beschäftigen können.
Gottes Zweck der Schöpfung sollte erfüllt werden, indem zuerst das irdische Himmelreich errichtet worden wäre. Durch den Fall entstand statt des Himmels auf Erden eine irdische Hölle. Seitdem hat Gott immer wieder daran gearbeitet, seine Vorsehung der Wiederherstellung durchzufahren. Folglich ist die menschliche Geschichte die Geschichte der Vorsehung der Wiederherstellung mit dem Zweck, zuerst das Himmelreich auf Erden zu errichten.
Jesus kam als der Messias, um die Vorsehung der Wiederherstellung, die sich hauptsächlich auf die vollkommene Erlösung der Menschheit bezog, zu erfüllen. Darum mußte zuerst das Himmelreich auf Erden errichtet werden. Jesus sagte zu seinen Jüngern:
"Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist". (Matth. 5 : 48)
In Übereinstimmung mit den Prinzipien der Schöpfung wird der Mensch, der den Zweck der Schöpfung erfüllt hat, eins mit Gott, also göttlich, und kann nicht mehr sündigen. Vom Zweck der Schöpfung aus betrachtet, ist dieser Mensch so vollkommen wie der himmlische Vater. Daher bedeuteten die Worte Jesu an seine Jünger, daß sie, nachdem sie wiederhergestellt sind und den Zweck der Schöpfung erfüllt haben, Bürger des Himmelreiches werden sollten.
Jesus kam also, um das Himmelreich auf Erden zu errichten und die gefallenen Menschen zu Bürgern dieses Himmelreiches zu machen. Aus diesem Grunde forderte Jesus seine Jünger auf zu beten: "Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel" (Matth. 6 : 10) und wies mit besonderem Nachdruck darauf hin, Buße zu tun; denn das Himmelreich sei nahe herbeigekommen (Matth. 4 : 17). Aus dem gleichen Grund verkündigte auch Johannes der Täufer, der kam, um den Weg des Herrn zu ebnen: "Tut Buße, das Himmelreich ist nahe herbeigekommen" (Matth. 3 : 2).
Was ist derjenige für ein Mensch, der so vollkommen ist wie der himmlische Vater, nachdem er sich wiederhergestellt und den Zweck der Schöpfung erfüllt hat? Da dieser Mensch zu einer Einheit mit Gott wird und untrennbar in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes lebt, da er genau so fühlt wie Gott, ist er selbst göttlich. Er braucht daher weder einen Erlöser noch ein Gebets- und Glaubensleben wie der gefallene Mensch, da er nicht mit der Erbsünde belastet ist, und bringt sündenlose Kinder zur Welt, die ebenfalls keinen Erlöser brauchen.
Wurde durch den Kreuzestod Jesu der Zweck der 'Vorsehung der Wiederherstellung erfüllt, das irdische Himmelreich errichtet und die ursprüngliche Natur der Schöpfung in allen Heiligen wiederherstellt? Seit Beginn der Menschheitsgeschichte hat es nicht einen einzigen Menschen gegeben, der in völligem Einssein mit Gott lebte, sein Herz fühlen und verstehen konnte und die gleiche Göttlichkeit erreichte, mag er auch ein ganz ergebener Heiliger gewesen sein. Jeder Heilige muß also von der Sünde erlöst werden und ein intensives Gebets- und Glaubensleben führen. Sogar ein Mann Gottes wie Paulus war gezwungen, ein Glaubensleben mit tränenreichen Gebeten zu führen (Röm. 7:18-25). Außerdem können selbst tiefreligiöse Eltern keine sündenlose Kinder zur Welt bringen, die ohne einen Erlöser Zutritt zum Himmelreich haben. Daraus ersehen wir, daß die Eltern immer noch die Erbsünde auf ihre Kinder übertragen.
Diese Tatsache lehrt uns ganz klar, daß durch die Erlösungstat am Kreuz die Erbsünde nicht getilgt und die ursprüngliche Natur des Menschen noch nicht vollkommen wiederhergestellt wurde. Da Jesus wußte, daß Gottes Prädestination, das irdische Himmelreich zu errichten, absolut und unveränderlich war und er seine Mission als Messias durch die Bezahlung am Kreuz nicht erfüllen konnte, versprach er wiederzukommen, um den Willen Gottes vollkommen durchzuführen.
War dann sein Opfer am Kreuz umsonst? Auf keinen Fall (Joh. 3 : 16)! Wenn es umsonst gewesen wäre, gäbe es keine christliche Geschichte. Wir können niemals das große Ausmaß der Gnade durch die Bezahlung am Kreuz in Abrede stellen, nicht zuletzt wegen der Erfahrungen in unserem eigenen Glaubensleben. Darum ist es wahr, daß durch den Glauben an das Kreuz eine Erlösung eintreten kann. Es ist aber auch gleichermaßen wahr, daß durch das Kreuz das irdische Himmelreich nicht errichtet, die Erbsünde nicht getilgt und unsere ursprüngliche Natur nicht wiederhergestellt werden konnte, so daß wir nicht mehr sündigen können, wenn wir es auch versuchen sollten.
So bleibt die Frage, in welchem Ausmaß eine Erlösung durch das Kreuz stattfand, weiterhin offen. Der Glaube des modernen, intellektuellen Menschen kann nur dann gelenkt werden, wenn dieses Problem eindeutig gelöst ist.
Wir wollen nun zunächst anhand der Aussagen und Handlungen der Apostel, wie sie in der Bibel aufgezeichnet sind, prüfen, ob die Kreuzigung Jesu sein vorherbestimmter Weg war. Offensichtlich waren alle Apostel traurig und entsetzt über den Tod Jesu. Sie waren sogar empört über die Ignoranz und den Unglauben des jüdischen Volkes, und sie verurteilten die dadurch verursachte Kreuzigung Jesu als eine schändliche Tat (Apg. 7 : 51-53). Außerdem fühlten alle Christen seitdem ebenso wie die Apostel zur Zeit Jesu.
Wenn der Tod Jesu ein natürliches Resultat der Prädestination Gottes gewesen wäre, hätten die Apostel keinen Grund gehabt, diese Tat zu verurteilen, wenn es für sie - rein menschlich gesehen - auch unvermeidlich war, über seinen Tod bekümmert zu sein. Hieraus können wir wohl schließen, daß Jesus ungerechterweise den Weg des Kreuzestodes ging.
Als nächstes wollen wir untersuchen, ob vom Gesichtspunkt der Vorsehung Gottes aus die Kreuzigung Jesu auf Gottes Prädestination zurückzuführen ist. Gott berief das auserwählte Volk Israel aus den Nachkommen Abrahams, zog es unter seinem Schutz auf und ließ es zu Zeiten durch Prüfungen und Bedrängnis gehen, um es zu erziehen. Dann sandte er viele Propheten, um es zu trösten, und versprach, daß er ihm in der Zukunft einen Messias senden würde. Er veranlaßte das Volk, in Vorbereitung auf das Kommen des Messias die Stiftshütte und den Tempel zu errichten. Er sandte die Weisen aus dem Morgenland und auch Simeon und Hanna, Johannes den Täufer usw., die die Geburt und das Erscheinen des Messias weit und breit bezeugen sollten.
Besonders im Falle Johannes des Täufers war allen Juden die Tatsache bekannt, daß der Engel erschien, um seine Empfängnis zu verheißen (Luk. 1 : 13). Die Zeichen, die zur Zeit seiner Geburt geschahen, versetzten ganz Judäa in Erstaunen (Luk. 1 : 63-66). Auch war seine asketische Lebensweise in der Wüste so außerordentlich, daß sich alle Juden in ihren Herzen fragten, ob er vielleicht der Christus sei (Luk. 3 : 1 5). Es ist überflüssig zu erklären, daß Gott solch einen großen Mann wie Johannes den Täufer sandte, damit dieser für Jesus als den Messias Zeugnis ablegen konnte. Die Israeliten sollten in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes leben und diesem Willen entsprechend an Jesus als den Messias glauben. Wie konnten sie dann den Messias kreuzigen, auf den sie so lange gewatet hatten? Der Grund liegt darin, daß die Israeliten gegen den Willen Gottes nicht an Jesus als den Messias glaubten. Wir müssen also ganz klar erkennen, daß Jesus nicht kam, um am Kreuz zu sterben.
Weiter wollen wir anhand der Aussagen und Taten Jesu prüfen, ob der Kreuzestod wirklich der Weg war, den gesamten Zweck seines Kommens als Messias zu erfüllen. Durch die Bibel können wir ganz klar erkennen, daß Jesus durch seine Worte und Taten seinen Wunsch ausdrückte, von dem Volke als Messias angenommen zu werden, wie es der Vorsehung Gottes entsprach. Als seine Jünger ihn fragten, was sie tun müßten, um den Willen Gottes zu erfüllen, antwortete Jesus: Das ist Gottes Werk, daß ihr an den glaubet, den er gesandt hat (Joh. 6:29).
Jesus trauerte über die Treulosigkeit des jüdischen Volkes, und da er von niemandem angenommen wurde, weinte er über die Stadt Jerusalem, verfluchte sie und sagte ihre vollständige Zerstörung voraus, daß auch nicht ein Stein auf dem anderen bleiben würde, ganz zu schweigen von den Israeliten, dem auserwählten Volk, das Gott in Liebe und Fürsorge 2000 Jahre lang geführt hatte. Jesus wies ganz deutlich auf ihre Ignoranz hin und sagte: ... "darum daß du nicht erkannt hast die Zeit, darin du heimgesucht bist" (Luk. 19 : 44).
Jesus klagte über den Unglauben und die Halsstarrigkeit des Volkes und sagte:
Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne versammelt ihre Küchlein unter ihre Flügel; und ihr habt nicht gewollt! (Matth. 23 : 37)
Einmal, als sie in der Schrift lasen, die Zeugnis über ihn ablegte, tadelte er sie wegen ihrer Ignoranz, die sie daran hinderte, an ihn zu glauben, und sagte in großer Trauer:
Suchet in der Schrift, denn ihr meinet, ihr habet das ewige Leben darin; und sie ist's, die von mir zeuget; und ihr wollt nicht zu mir kommen, daß ihr das Leben haben möchtet. (Joh. 5 : 39-40)Ein anderes Mal sagte er bekümmert:
Ich bin gekommen in meines Vaters Namen, und ihr nehmet mich nicht an; und fuhr fort: "Wenn ihr Mose glaubtet, so glaubtet ihr auch mir; denn er hat von mir geschrieben." (Joh. 5 : 43-46)Jesus tat viele Zeichen und Wunder in der Hoffnung, dadurch ihren Glauben wiederherstellen zu können. Obwohl sie die wundersamen Dinge sahen, verwarfen sie ihn als von "Beelzebub" besessen. Jesus, der diese erbärmliche Situation sah, sagte manchmal:
Tue ich nicht die Werke meines Vaters, so glaubet mir nicht. Tue ich sie aber, glaubet doch den Werken, wollt ihr mir nicht glauben, auf daß ihr erkennet und glaubet, daß der Vater in mir ist und ich in ihm. (Joh. 10 : 37-38)
In großer Empörung verfluchte er sie bei einer anderen Gelegenheit, daß großes Leid über sie kommen möge (Matth. 23 : 13 - 36). Jesus selbst versuchte, sie durch seine Worte und Taten zum Glauben zu bewegen, da es der Wille Gottes war, daß sie glauben sollten.
Wenn die Juden an ihn als den Messias geglaubt hätten wie beide, Gott und Jesus, es wollten, hätten sie ihn dann kreuzigen können?
Aus den genannten Tatsachen können wir erkennen, daß die Kreuzigung Jesu das Resultat der Ignoranz und des Unglaubens der Juden war und nicht das Resultat der Prädestination Gottes für die Erfüllung des Zweckes seines Kommens als Messias. In 1. Kor. heißt es:
... welche keiner von den Obersten dieser Welt erkannt hat; denn wo sie die erkannt hätten, hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt. (l. Kor. 2 : 8)
Dies sollte als Beweis ausreichen.
Wenn der Tod Jesu am Kreuz ursprünglich von Gott prädestiniert gewesen wäre, wie hätte Jesus dann dreimal so verzweifelt beten können, daß der Kelch des Todes an ihm vorübergehen möge (Matth. 26 : 39)? In Wirklichkeit betete er so verzweifelt, weil er genau wußte, daß die Geschichte der Not und des Leidens bis zum zweiten Kommen Christi verlängert werden würde, weil durch den Unglauben der Juden die Verwirklichung des irdischen Himmelreiches, um dessen Errichtung sich Gott seit dem Fall des Menschen 4000 Jahre lang bemüht hatte, vereitelt würde.
In Joh. 3 lesen wir:
Und wie Mose in der Wüste eine Schlange erhöht hat, also muß des Menschen Sohn erhöht werden. (Joh. 3 : 14)
Als die Israeliten sich auf dem Wege von Ägypten nach Kanaan befanden, glaubten sie Mose nicht. Zu der Zeit erschienen feurige Schlangen und töteten das Volk. Gott ließ eine eherne Schlange an einem Pfahl aufrichten, und jeder, der sie ansah, überlebte. Ebenso waren die Juden, die nicht an Jesus glaubten, zur Hölle verurteilt. Jesus, der darum wußte, daß allein diejenigen, die nach seiner Kreuzigung zu ihm als der ehernen Schlange aufblickten und an ihn glaubten, gerettet würden, brachte dies mit tieftraurigem Herzen zum Ausdruck.
Die Tatsache, daß Jesus den Niedergang des auserwählten Volkes der Israeliten nach seinem Tode voraussagte, zeigt uns ebenfalls, daß Jesus wegen des Unglaubens der Juden gekreuzigt wurde.
In Jesaja 9 heißt es:
Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunderbar, Rat, Kraft, Held, Ewig- Vater, Friedefürst; auf daß seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Stuhle Davids und in seinem Königreich, daß er's zurichte und stärke mit Gericht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des Herrn Zebaoth. (Jes. 9 : 6-7)
Dies ist die Voraussage, daß Jesus den Stuhl Davids einnehmen und ein Königreich errichten sollte, das ewig bestehen würde. Darum erschien der Maria zur Zeit ihrer Empfängnis ein Engel und sagte:
Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, des Namen sollst du Jesus heißen. Der wird groß sein und ein Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott, der Herr, wird ihm den Stuhl seines Vaters David geben; und er wird ein König sein über das Haus Jakob ewiglich, und seines Königreichs wird kein Ende sein. (Luk. 1 : 31-33)
Aus all diesen Tatsachen können wir klar erkennen, daß Gott die Israeliten aus dem Hause Abrahams auserwählte und sie von diesem Zeitpunkt an 2000 Jahre lang durch Leiden und Bedrängnis führte, um mit ihnen durch Jesus, den er als den Messias senden wollte, das ewige Reich Gottes auf Erden zu errichten. Jesus kam als der Messias. Er wurde jedoch wegen des Unglaubens der Juden verfolgt und gekreuzigt. Seitdem verloren die Juden ihre Qualifikation als auserwähltes Volk, wurden zerstreut und verfolgt bis auf den heutigen Tag.
Dies war die Strafe für ihr Verbrechen der Kreuzigung des Messias, an den sie glauben sollten. Indem sie den Messias töteten, verhinderten sie die Erfüllung des Zweckes der "Vorsehung der Erlösung". Außerdem war der spätere Kreuzestod unzähliger christlicher Heiliger die Strafe für das Kollektivverbrechen der Tötung Jesu.
Was wäre geschehen, wenn man Jesus nicht gekreuzigt hätte? Er hätte sowohl die Vorsehung der geistigen als auch der physischen Erlösung durchgeführt. Seine Aufgabe war es, das ewige irdische Himmelreich zu errichten, wie in Jesaja 9 : 6-7 prophezeit und wie es aus den Instruktionen des Engels, der Maria erschien, und aus den Worten Jesu selbst hervorgeht, nämlich daß das Himmelreich nahe herbeigekommen sei (Matth. 4 : 17) usw.
Bei der Erschaffung des Menschen schuf Gott zuerst dessen Körper und "blies ihm dann den lebendigen Odem ein. Also ward der Mensch eine lebendige Seele" (l. Mose 2 : 7). Der Mensch wurde als Geist und Körper geschaffen, und somit fand sein Fall auch geistig und physisch statt. Natürlich muß dann auch eine geistige und physische Erlösung erfolgen.
Der Zweck des Kommens Jesu als Messias lag in der Erfüllung der Vorsehung der Wiederherstellung, die sich auf die geistige und physische Erlösung bezog. An Jesus zu glauben, bedeutet daher, mit ihm eins zu werden. Darum verglich Jesus sich mit einem Weinstock und seine Nachfolger mit den Reben (Joh. 15 : 5). An anderer Stelle sagte er:
An dem Tage werdet ihr erkennen, daß ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch. (Joh. 14 : 20)
Jesus sprach in dieser Weise, weil er als Mensch kam, um die gefallene Menschheit sowohl geistig als auch physisch zu erlösen. Dies wäre geschehen, wenn sie sich geistig und physisch mit ihm vereinigt hätte. Da das jüdische Volk jedoch nicht an Jesus glaubte und ihn ans Kreuz brachte, wurde sein Körper von Satan mißhandelt und schließlich getötet. Wenn daher die Christen an Jesus glauben und eins werden mit ihm, werden auch ihre Körper automatisch von Satan beansprucht und geplagt.
Daher kann niemand, wie fromm er auch sein mag, durch das Kreuz Jesu allein physisch erlöst werden. Die ursprüngliche Sünde, die von Adam auf seine Nachkommen weitervererbt wurde, konnte bisher nicht getilgt werden, auch nicht durch die Bezahlung am Kreuz, so daß jeder Heilige, mit welcher Hingabe er sich auch Gott weihte, immer noch mit der Erbsünde belastet war, die er auf seine Kinder übertrug. Um keine Grundlagen für satanische Angriffe zu legen, die durch die ursprüngliche Sünde immer wieder aus dem Fleische kommen, müssen wir leiden, in unserem religiösen Leben dem Physischen entsagen und ohne Unterlaß beten (l. Thess. 5 : 17).
Jesus konnte den Zweck der Vorsehung der physischen Erlösung nicht erfüllen, da sein Körper von Satan beansprucht wurde. Er legte jedoch auf der Grundlage der siegreichen Auferstehung das Fundament für die geistige Erlösung durch die Bezahlung mit seinem Blute am Kreuz. Daher konnten alle Heiligen vom Zeitpunkt der Auferstehung Jesu an bis zum heutigen Tage nur an der Vorsehung der geistigen Erlösung teilhaben, während ihr physischer Körper immer noch mit der ursprünglichen Sünde belastet ist, die ständig von Generation zu Generation weitervererbt wird.
Je hingebungsvoller ein Heiliger seinem Glauben lebt, umso stärker wird sein Krampf gegen die Sünde. Somit muß Christus wiederkommen, um den Zweck der Vorsehung der Erlösung zu erfüllen, und zwar geistig und physisch, indem er uns von der ursprünglichen Sünde befreit, die durch das Kreuz nicht getilgt werden konnte, und somit auch die physische Erlösung bringt.
Wie bereits wiederholt erwähnt, müssen sogar die Heiligen, die durch das Kreuz erlöst sind, immer noch gegen die ursprüngliche Sünde kämpfen. Aus diesem Grunde beklagte sich Paulus, der das Zentrum des Glaubens unter den Aposteln bildete, über seine Unfähigkeit, die Sünde des Fleisches zu verhindern, indem er sagte:
So diene ich nun mit dem Gemüte dem Gesetz Gottes, aber mit dem Fleische dem Gesetz der Sünde. (Röm. 7 : 22-25)
Dies sollte sowohl der Ausdruck der Freude über die geistige Erlösung als auch der des Bedauerns über das Versagen sein, die physische Erlösung zu erreichen. In 1. Joh. 1 bekennt Johannes:
"So wir sagen, wir haben keine Sünde, so verführen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. So wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, daß er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Untugend." (Joh. 1 : 8 - 10)
Ebenso sind wir, die wir durch die Kreuzigung Jesu erlöst sein sollten, immer noch Sünder, da wir mit der Erbsünde belastet sind.
Aus welchem Grunde wird dann in Jesaja 53 das Leiden Christi am Kreuz prophezeit, wenn seine Kreuzigung nicht der Prädestination Gottes entspricht, den gesamten Zweck seines Kommens als Messias zu erfüllen? Bisher nahmen wir an, daß in der Bibel nur von den Prophezeiungen um das Leiden Christi die Rede war. Wenn wir die Bibel jedoch auf der Grundlage der Kenntnis der Prinzipien noch einmal lesen, so fällt uns auf, daß Gott durch den Propheten Jesaja im Alten-Testament-Zeitalter (Jes. 9, 11, 60) und durch den Engel, der Maria erschien, prophezeite, daß Jesus zu seinen Lebzeiten als König der Juden das ewige Reich Gottes auf Erden errichten sollte und daß "dessen Königreich kein Ende haben würde" (Luk. 1 : 31-33). Wir wollen nun untersuchen, warum die Prophezeiungen zwei verschiedene Aspekte zum Ausdruck bringen.
Gott erschuf den Menschen so, daß dieser nur Vollkommenheit erreichen kann, indem er seinen eigenen Teil der Verantwortung erfüllt. Die ersten menschlichen Vorfahren fielen jedoch, ohne ihren Teil der Verantwortung erfüllt zu haben. So gibt es für den Menschen zwei Möglichkeiten: entweder er erfüllt seinen Teil der Verantwortung in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes, oder er tut es nicht und handelt damit gegen Gottes Willen.
Um dies zu erläutern, wollen wir ein Beispiel aus der Bibel herausgreifen. Die Erfüllung des Teiles der Verantwortung des Menschen lag darin, nicht von der Frucht des Baumes der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen. Adam hätte entweder Vollkommenheit erreichen können, wenn er dem Gebot Gottes entsprechend nicht von der Frucht gegessen hätte; auf der anderen Seite konnte er durch das Essen der Frucht den Tod wählen, wie es dann ja auch geschah.
Gott gab dem Volk des Alten Testaments die Zehn Gebote als Bedingung der Erfüllung ihrer eigenen Verantwortung innerhalb der Vorsehung der Erlösung. Auch in diesem Falle konnte der Mensch durch das Einhalten der Gebote entweder gerettet oder aber durch seinen Lebenswandel außerhalb der Gesetze vernichtet werden. Auch als die Israeliten sich auf dem Wege von Ägypten nach Kanaan befanden, mußten sie ihren Teil der Verantwortung erfüllen und dem Befehl Mose gehorchen, um in das Gelobte Land einziehen zu können. Denjenigen jedoch, die ungehorsam waren, wurde der Einzug nach Kanaan verwehrt. Gott hatte Mose prädestiniert, die Israeliten in das Gelobte Land zu führen (2. Mose 3 : 8), und gab ihm den Auftrag, diesen Plan zu erfüllen. Wegen des Unglaubens der Israeliten kamen sie alle in der Wüste um. Nur ihre Nachkommen konnten das Ziel erreichen.
Der Mensch muß also seinen Teil der Verantwortung erfüllen. Das Resultat hängt davon ab, ob er ihn in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes erfüllt oder nicht. Darum mußte die Prophezeiung Gottes in zwei Aspekten erfolgen, da sie von der Erfüllung seines Willens abhängig war.
Es war Gottes Teil der Verantwortung, den Messias zu senden; aber an ihn zu glauben oder nicht, war die Verantwortung des Menschen. Darum konnten die Juden entweder dem Willen Gottes entsprechend den Messias annehmen oder ihn entgegen seinem Willen ablehnen. Gott mußte also in seiner Prophezeiung beide Aspekte berücksichtigen und Vorkehrungen für die entsprechenden Resultate treffen, die von der Erfüllung bzw. Nichterfüllung der menschlichen Verantwortung abhängig waren. So gab Gott Prophezeiungen für beide Gelegenheiten, einmal, wie in Jes. 53 aufgezeichnet, für den Fall, daß die Juden in Unglauben verfallen und den Messias ablehnen würden, und zum anderen über die Vorgänge, die eintreten würden, falls sie den Willen Gottes erfüllten, den Messias annahmen und ihm dienten, wie in Jes. 9, 11 und Luk. 1 : 30-33 usw. ausgeführt wird. Wegen des Unglaubens der Juden starb Jesus jedoch am Kreuz, und somit ging die Prophezeiung in Jes. 53 in Erfüllung. Die anderen Prophezeiungen werden bei seiner Wiederkunft erfüllt.
Viele Verse in der Bibel sind in einer Form niedergeschrieben, die zum Ausdruck bringt, daß Jesus gekommen ist, um am Kreuz zu leiden. Ein typisches Beispiel dafür ist die Zurechtweisung des Petrus durch Jesus. Als Jesus über sein bevorstehendes Leiden am Kreuz sprach und Petrus ihn davon abbringen wollte, sagte Jesus: "Hebe dich, Satan, von mir!" (Matth. 16 : 23). Wie konnte Jesus den Petrus so hart tadeln? Zu der Zeit war Jesus bereits entschlossen, das Kreuz als eine Bedingung der Wiedergutmachung auf sich zu nehmen und für die Durchführung der "geistigen Erlösung" zu bezahlen, da er feststellte, daß es ihm wegen des Unglaubens der Juden unmöglich war, die Vorsehung der geistigen und der physischen Erlösung zu erfüllen (Luk. 9 : 31). In dieser Situation bedeuteten die Worte Petrus', die Jesus davon abbringen sollten, den Leidensweg zu gehen, ein Hindernis, da der einzige Weg zur Erfüllung der Vorsehung der Erlösung - jedoch nur auf geistiger Ebene - über das Kreuz führte. Darum tadelte er Petrus.
Ein anderes Beispiel sind die letzten Worte Jesu am Kreuz. Als er sagte: "Es ist vollbracht!" (Joh. 19 : 30) meinte er damit nicht, daß der gesamte Zweck der Vorsehung der Erlösung durch das Leiden am Kreuz erfüllt war. Da Jesus wußte, daß an dem Unglauben der Juden nichts mehr zu ändern war, nahm er das Kreuz auf sich, um wenigstens das Fundament für die Vorsehung der geistigen Erlösung zu legen, während die Vorsehung der physischen Erlösung bis zum Zeitpunkt der Wiederkunft unerfüllt bleiben mußte. Daher meinte Jesus mit den Worten "es ist vollbracht", daß er die Grundlage für die Vorsehung der geistigen Erlösung durch das Kreuz errichtet hatte. Damit ging infolge des Unglaubens der Juden der sekundäre Weg der Vorsehung der Erlösung in Erfüllung.
Um den richtigen Glauben haben zu können, müssen wir zunächst durch tiefe Gebete geistig eine direkte Beziehung zu Gott aufbauen und dann durch richtiges Studium der Bibel die Wahrheit ergründen. Aus diesem Grunde sagte Jesus:
Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten. (Joh. 4 : 24)
Durch die Zeitalter hindurch bis zur Gegenwart nahmen alle Christen an, daß Jesus in die Welt kam, um zu sterben, da sie den fundamentalen Zweck seines Kommens als Messias nicht kannten und die falsche Vorstellung hatten, daß die geistige Erlösung die einzige Mission war, die Jesus erfüllen sollte.
Jesus, der in diese Welt kam, um den Willen Gottes zu seinen Lebzeiten durchzuführen, mußte wegen des Unglaubens der Juden einen schmachvollen Tod erleiden. Bevor er als der Bräutigam wiederkommen kann, muß auf der Erde eine Braut erscheinen, die sein wundes und kummervolles Herz erleichtert, damit er diesmal zusammen mit seiner Braut seine Mission vollständig erfüllen kann. Auch in bezug auf die Wiederkunft sah Jesus die Blindheit des Volkes voraus und klagte:
"Doch wenn des Menschen Sohn kommen wird, meinst du, daß er auch werde Glauben finden auf Erden?'' (Luk. 18 : 8)
Wir haben zwar die Tatsache, daß Jesus nicht kam, um zu sterben, im einzelnen erläutert, doch wenn wir geistig mit Jesus in Verbindung treten und ihn direkt fragen, wird uns dies alles noch deutlicher. Wenn wir diese direkte Verbindung nicht herstellen können, sollten wir auf das Zeugnis derjenigen achten, die diese Gabe haben, damit wir durch den rechten Glauben zur Braut werden können und es uns möglich ist, den Messias zu empfangen.
Der Prophet Maleachi sagte bereits die Wiederkunft Elias voraus (Mal. 4 : 5). Jesus bezeugte, daß Johannes der Täufer niemand anderes als der wiedergekehrte Elia sei (Matth. 17 : 13; 11 : 14).
Jedoch Johannes der Täufer selbst sowie das jüdische Volk im allgemeinen wußten nicht um die Tatsache, daß Johannes der wiedergekehrte Elia war (Joh. 1 : 21). Die Zweifel Johannes des Täufers (Matth. 11 : 3) sowie der Unglaube des jüdischen Volkes erschwerten die Durchführung seiner Mission von Tag zu Tag, bis Jesus schließlich gezwungen war den Weg des Kreuzes zu gehen.
Wegen der Verdorbenheit König Salomos konnte Satan zur Zeit des Vereinigten Königreiches das "Ideal des Tempels" angreifen.
Seitdem arbeitete Gott daran, das "Ideal des Tempels" ein zweites Mal zu errichten. Um die Menschen auf den Empfang des Messias, des substantiellen Tempels, vorzubereiten, führte Gott die Trennung von Satan durch, indem er ihnen vier große und zwölf kleinere Propheten sandte. Da Satan versuchte, die Verwirklichung dieses Ideals zu verhindern, ließ Gott Baal-Sebub, den Gott zu Ekron, durch den außergewöhnlichen Propheten Elia zerstören in seinem Kampf gegen die Propheten des Baal-Sebub auf dem Berge Karmel. Elia fuhr jedoch auf gen Himmel, ohne seine göttliche Mission vollends erfüllt zu haben (2. Kön. 2 : 11), und Satans Wirken griff wieder um sich.
Damit das "Ideal des substantiellen Tempels", Jesus, verwirklicht werden konnte, mußte ein anderer Prophet erscheinen und die unvollendete Mission Elias, die Trennung von Satan, durchführen. Aus der Notwendigkeit der Erfüllung dieser Vorsehung heraus prophezeite Maleachi die Wiederkunft Elias (Mal. 4 : 5).
Die brennende Hoffnung des jüdischen Volkes, das an die Prophezeiungen glaubte, war selbstverständlich auf das Kommen des Messias gerichtet. Aus diesem Grunde sehnte es sich auch ebenso sehr nach der Wiederkunft Elias, da Gott ihm ganz klar durch den Propheten Maleachi versprochen hatte, vor der Ankunft des Messias den Propheten Elia zu senden, der den Weg des Herrn bereiten sollte (Mal. 4 : 5). Elia war jedoch ein Prophet, der 900 Jahre vor der Geburt Jesu gen Himmel gefahren war (2. Kön. 2 : 11). Auch wissen wir, daß er als Bewohner der geistigen Welt den Jüngern Jesu erschien (Luk. 9 : 31 ). Die Juden der damaligen Zeit glaubten, daß Elia auf die gleiche Weise vom Himmel herabkommen würde, wie er gen Himmel gefahren war, und warteten auf seine Wiederkunft, wie die meisten Christen von heute zum Himmel aufblicken und darauf warten, daß Jesus in den Wolken erscheinen wird.
Es war jedoch noch kein Gerücht von der Ankunft Elias umgegangen, wie es Maleachi prophezeit hatte, als Jesus, der sich als der Messias bezeichnete, plötzlich erschien und große Verwirrung in Jerusalem verursachte. Darum wurden die Jünger überall mit dem Argument konfrontiert, wo denn dann der Elia sei, der zuvor kommen sollte (Matth. 17 : 10), wenn Jesus der Messias sei (Mal. 4 : 5).
Die Jünger, die keine Antwort auf diese Frage wußten, wandten sich direkt an Jesus (Matth. 17 :10). Jesus antwortete, daß Johannes der Täufer niemand anderes als der Elia sei, auf den sie so lange gewartet hatten (Matth. 11 : 14; 17 : 13). Die Jünger, die Jesus als den Messias anerkannten, nahmen ohne weiteres sein Zeugnis an. Wie aber konnten die Juden, die nicht wußten, wer Jesus war, seine Aussage akzeptieren? Jesus, der wußte, daß sie nicht bereit waren, seinen Worten zu glauben, sagte:
"Und (so ihr's wollt annehmen) er ist Elia, der da soll zukünftig sein". (Matth. 11 : 14)
Da Johannes der Täufer aber ganz klar verneinte, daß er der Elia sei, konnten die Juden die Aussage Jesu nicht annehmen (Joh. 1 : 21).
Jesus sagte, daß Johannes der Täufer kein anderer als Elia sei auf den das jüdische Volk so lange gewartet hatte (Matth. 11 : 14), während im Gegensatz dazu Johannes selbst diese Tatsache verneinte. Wessen Worten sollten sie glauben, und wonach sollten sie sich richten? Dies hing wiederum von der Frage ab, wem die Juden zu der Zeit mehr Glauben schenkten.
Welchen Eindruck machte Jesus auf die Juden? Er war ein ungebildeter junger Mann, der in dem armen, bescheidenen Haus eines Zimmermanns geboren wurde und aufwuchs. Dieser junge Mann erschien ohne irgendeinen Namen, nannte sich "Herr des Sabbats" und schändete den Heiligen Tag, den die Juden ganz strikt einhielten (Matth. 12 : 1-8). Daher wurde Jesus als derjenige bekannt, der das Gesetz aufhob, das bei den Juden als Symbol der Erlösung galt (Matth. 5 : 17). Da die jüdischen Führer ihn verfolgten, war er gezwungen, die Fischer zu seinen Jüngern zu machen (Matth. 11 : 19). Er wurde nicht nur ein Freund der Zöllner, Huren und Sünder, sondern machte sogar die Aussage, daß diese vor den jüdischen Führern in das Himmelreich eingehen würden (Matth. 21 : 3 1).
Einmal weinte eine Frau, benetzte die Füße Jesu mit ihren Tränen, trocknete sie mit ihrem Haar und salbte sie mit kostbarer Salbe (Luk. 7 : 37-38).
Solch ein Verhalten wäre nicht einmal in der heutigen Gesellschaft akzeptabel, weniger noch in der jüdischen Gesellschaft der damaligen Zeit mit ihrer strikten Ethik, nach der man sogar eine Ehebrecherin steinigen konnte. Jesus akzeptierte nicht nur die Handlung dieser Frau, sondern lobte sie sogar und wies seine Jünger zurecht, die Anstoß daran nahmen (Luk. 7 : 44-50) bzw. (Matth. 26 : 7-13).
Außerdem stellte Jesus sich auf die Ebene Gottes (Joh. 14 : 9), als er sagte, niemand kommt zum Vater denn durch mich (Joh. 14 : 6), und forderte von seinen Nachfolgern mehr Liebe als sie ihrem Vater, ihrer Mutter, ihrem Ehemann, ihrer Ehefrau oder ihren Kindern entgegenbrachten (Matth. 10 : 37; Luk. 14 : 26). Die jüdischen Führer verspotteten und verdammten ihn wegen dieser Einstellung und bezeichneten ihn mit Beelzebub, dem Obersten der Teufel (Matth. 12 : 24). In all diesen Situationen wird deutlich, daß die Juden dieser Zeit Jesus nicht als eine glaubwürdige Person ansahen.
Es wäre nun interessant festzustellen, welchen Eindruck Johannes der Täufer auf die Juden machte. Johannes war der Sohn des Hohenpriesters Zacharias und kam also aus einer angesehenen Familie (Luk. 1 : 1- 13). Seine außergewöhnliche Geburt versetzte die ganze Stadt in Erstaunen wegen der Zeichen und Wunder, die damit verbunden waren. Als sein Vater Zacharias im Allerheiligsten des Tempels Weihrauch brannte, erschien ihm der Engel des Herrn und kündigte ihm die Geburt eines Sohnes an. Da Zacharias jedoch an den Worten des Engels zweifelte, wurde er stumm und erhielt erst nach der Geburt des Kindes seine Stimme wieder (Luk. 1 : 9-66). Johannes führte ein außergewöhnliches Glaubensleben in der Wüste und nährte sich kärglich von Heuschrecken und wildem Honig. Er wurde von den Juden bewundert und sogar von den Hohenpriestern wie auch von dem einfachen Volk gefragt, ob er vielleicht der Messias sei (Luk. 3 : 15, Joh. 1 : 20).
Wenn wir die beiden Personen, Jesus und Johannes den Täufer, unter diesen Umständen vom Standpunkt der Juden aus betrachten. erscheint es uns ganz natürlich, daß sie den Worten Johannes' mehr Glauben schenkten als den Worten Jesu. Die Folge davon war, daß sie entgegen dem Zeugnis Jesu die Aussage des Johannes annahmen, er sei nicht der Elia. Aus diesem Grunde konnten sie Jesus auch nicht als den Messias anerkennen. In ihren Augen war er ein Betrüger, der unverantwortliche Reden führte.
So wurde Jesus wegen seiner offenen Aussagen und seinem in den Augen der Juden unpassenden Verhalten von ihnen verworfen, und ihr Unglaube steigerte sich mehr und mehr. Da die Juden den Worten Johannes des Täufers mehr glaubten als den Worten Jesu, mußten sie annehmen, Elia sei noch nicht gekommen. Deshalb konnten sie sich auch nicht vorstellen, daß der Messias schon da sein sollte.
Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, mußten die Juden Jesus, der den Anspruch erhob, der Messias zu sein, ablehnen, da sie an die Prophezeiung in Maleachi glaubten, aber in ihren Augen Elia noch nicht wiedergekommen war, oder aber sie hätten die Bibel ablehnen müssen. Die Juden, die sich niemals von der Prophezeiung Gottes lösen konnten, waren praktisch durch die Aussage Johannes des Täufers gezwungen, Jesus gegenüber in Unglauben zu verfallen.
Wie schon ausführlich behandelt, wurde Johannes der Täufer sowohl von den Hohenpriestern als auch vom jüdischen Volk in so hohem Maße respektiert, daß sie ihn sogar für den Messias hielten (Luk. 3 : 15; Joh. 1 : 20). Wenn Johannes sich daher zu den Worten Jesu bekannt und bestätigt hätte, daß er der Elia war, den sie vor der Ankunft des Messias erwarteten, hätte das jüdische Volk Jesus angenommen, da sie den Worten Johannes' glaubten. Johannes jedoch, der die Vorsehung Gottes ignorierte und bis zuletzt behauptete, daß er nicht der erwartete Elia sei, war die Hauptursache dafür, daß den Juden der Weg zu Jesus versperrt wurde.
Einmal legte Johannes der Täufer Zeugnis ab und sagte:
Ich taufe euch mit Wasser zur Buße; der aber nach mir kommt, ist stärker denn ich, dem ich auch nicht genugsam bin, seine Schuhe zu tragen; der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen. (Matth. 3 : 11)
In Joh. 1 bekannte er:
Und ich kannte ihn nicht; aber der mich sandte, zu taufen mit Wasser, der sprach zu mir: Auf welchen du sehen wirst den Geist herabfahren und auf ihm bleiben, der ist's, der mit dem Heiligen Geist tauft. Und ich sah es und zeugte, daß dieser ist Gottes Sohn. (Joh. 1 : 33-34)
Auf diese Weise offenbarte Gott Johannes dem Täufer ganz klar und eindeutig, daß Jesus der Messias war. Auch Johannes bezeugte diese Tatsache und sagte in Joh. 1 : 23, daß er gekommen sei, um den Weg für den Messias vorzubereiten. In Joh. 3 : 28 erklärte er ausdrücklich, daß er nicht Christus sei, sondern der, der vor ihm her gesandt ist. Durch seine eigene Weisheit hätte er also wissen müssen, daß er der Elia war. Auch wenn Johannes die Zusammenhänge nicht verstehen konnte, hätte er doch, wenn auch spät, den Worten Gottes gehorchen und verkündigen müssen, daß er der Elia sei, zumal ihn Gott offenbarte, daß Jesus der Messias ist (Joh. 1 : 33-34), und Jesus wiederum von Johannes als dem Elia zeugte. Johannes aber ignorierte nicht nur den Willen Gottes (Matth. 11 : 19) und widersprach dem Zeugnis Jesu (Joh. 1 : 21 ), sondern wich sogar von diesem Zeitpunkt an vom Kurs der Vorsehung ab. Wir können uns gut vorstellen, wie traurig Jesus in dieser Situation beim Anblick Johannes des Täufers gewesen sein mußte, ganz zu schweigen vom Leiden Gottes, der seinen Sohn in eine solch schwierige Lage versetzt sah.
Die Mission Johannes des Täufers sollte mit der Taufe Jesu und seinem Zeugnis für Jesus beendet sein. Welche Mission sollte er dann nach diesem Zeitpunkt übernehmen? Sein Vater Zacharias, voll des Heiligen Geistes, weissagte und sprach:
"daß wir, erlöst aus der Hand unserer Feinde, ihm dienten ohne Furcht unser Leben lang in Heiligkeit und Gerechtigkeit, die ihm gefällig ist." (Luk. 1 : 74-75)
So wurde seine Mission deutlich prophezeit. Johannes sollte Jesus, nachdem er von ihm gezeugt hatte, als Jünger nachfolgen und ihm dienen. Er ging jedoch seinen eigenen Weg, getrennt von Jesus, und fuhr fort, Menschen zu taufen. Dadurch verwirrte er nicht nur das Volk (Luk. 3 : 15), sondern auch die Hohenpriester (Joh. 1 : 20) in bezug auf die Identität Jesu als Messias. Die Jünger Jesu und die Nachfolger Johannes' stritten miteinander über die "Reinigung" (Taufe), und jeder vertrat den Standpunkt, daß sein Lehrer mehr Menschen taufte (Joh. 3 : 25). In Joh. 3 : 30 lesen wir deutlich, daß Johannes der Täufer nicht die gleiche Richtung einschlug wie Jesus in seinem Aufstieg und Niedergang. Johannes sagte: "Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen". Wie konnte Johannes abnehmen, während Jesus zunahm, wenn er doch das gleiche Schicksal mit Jesus teilte? Im Gegenteil, das Evangelium von Jesus sollte durch Johannes den Täufer persönlich verkündet werden. Da er alle diese Dinge ignorierte, konnte er seine Mission nicht erfüllen und opferte schließlich sein Leben, das dem Dienst Jesu geweiht sein sollte, für eine Sache, die praktisch wertlos war.
Johannes der Täufer wußte, daß Jesus der Messias war, und zeugte für ihn, als er noch auf der Seite Gottes stand. Als ihn jedoch der Geist Gottes verließ und er wieder zu einem einfachen Menschen wurde, verstärkte seine Ignoranz seinen Unglauben Jesus gegenüber. Da Johannes nicht erkannte, daß er als Elia kam, betrachtete er Jesus mit den gleichen Augen wie alle anderen Menschen, besonders nach seiner Gefangennahme. Daher erschien alles, was Jesus sagte oder tat, mit den menschlichen Augen Johannes des Täufers gesehen, fremd und unbegreiflich. Johannes konnte nicht an Jesus als den Messias glauben, da dieser vor der Wiederkunft des Elia auftrat, und sandte schließlich seine Jünger zu Jesus, um auf diese Weise Zweifel aus dem Wege zu räumen, und ließ ihn fragen:
Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir eines anderen warten? (Matth. 1 1 : 3)
Jesus antwortete auf diese Frage mit Entrüstung und Warnung (Matth. 11 : 3-19). Johannes der Täufer war schon im Mutterleibe für die Mission auserwählt, Jesus sein Leben lang zu dienen (Luk. 1 : 75), und wurde durch ein hartes, asketisches Leben in der Wüste vorbereitet, um den Weg des Herrn zu bereiten. Als Jesus sein öffentliches geistliches Amt begann, offenbarte Gott Johannes zuerst, wer Jesus war, da er für ihn als dem Sohne Gottes Zeugnis ablegen sollte. Als Johannes versagte, seine Mission zu erfüllen, und die Gnade des Himmels verwirkte, gab Jesus ihm auf seine Frage in bezug auf seine messianische Sendung keine direkte Antwort, da es sich dabei um eine Selbstverständlichkeit handelte, sondern erwiderte in einer weitschweifigen Art:
"Gehet hin und saget Johannes wieder, was ihr sehet und höret: die Blinden sehen und die Lahmen gehen, die Aussätzigen werden rein, und die Tauben hören, die Toten stehen auf und den Armen wird das Evangelium gepredigt. (Matth. 11 : 4-5)
Selbstverständlich wußte Johannes um die Wunder, die Jesus tat. Trotzdem gibt Jesus eine so umfassende Erklärung, um Johannes erneut an seine Taten zu erinnern.
Wir müssen verstehen, daß die Antwort Jesu, "den Armen wird das Evangelium gepredigt" (Matth. 11 : 5), ein Ausdruck seines traurigen Herzens über den Unglauben des jüdischen Volkes und besonders über den Unglauben Johannes des Täufers war. Die Juden als das auserwählte Volk, und besonders Johannes der Täufer, waren mit göttlicher Liebe und Fürsorge reich gesegnet worden. Trotzdem verwarfen sie Jesus, und so war er gezwungen, an der Küste des galiläischen Meeres in der Gegend Samarias umherzuziehen und unter den Armen nach denen zu suchen, die das Evangelium hören wollten. Die einfachen Fischer, Zöllner und Huren waren alle in der gleichen armseligen Lage. Das waren nicht die Jünger seiner eigentlichen Wahl. Jesus, der kam, um das irdische Himmelreich zu errichten, brauchte vielmehr eine Person, die qualifiziert war, tausend Menschen zu führen, als tausend Menschen, die ihm blind nachfolgten. Verkündigte er nicht zuerst das Evangelium den Hohenpriestern und Schriftgelehrten im Tempel, um unter ihnen diejenigen zu finden, die fähig und gut vorbereitet waren?
Wie in dem Gleichnis mußte Jesus jedoch die Bettler auf der Straße zum Festmahl einladen, da die geladenen Gäste nicht kommen wollten. Mit tieftraurigem Herzen über diese Situation sprach er scharfe Worte des Gerichtes aus und sagte in Matth. 11 : 6: "Selig ist, der sich nicht an mir ärgert". Johannes der Täufer schien solch ein wundervoller Mensch zu sein, daß die Juden der damaligen Zeit ihn sogar für den Messias oder Elia hielten (Luk. 3 : 15; Joh. 1 : 20-21).
Jesus sprach das Urteil über sein Schicksal, indem er auf indirekte Weise zum Ausdruck brachte, daß derjenige, der sich an ihm ärgern würde, sich keines Segens erfreuen kann, wie gewaltig er auch gewesen sein mag. Worin lag das Vergehen Johannes des Täufers Jesus gegenüber? Er versagte in der Erfüllung seiner Mission, Jesus sein Leben lang zu dienen und ihn zu unterstützen, wie bereits erwähnt wurde.
Nachdem die Jünger Johannes des Täufers Jesu verlassen hatten, sagte er:
"Wahrlich ich sage euch: Unter allen, die von Weibern geboren sind, ist nicht aufgekommen, der größer sei denn Johannes der Täufer; der aber der Kleinste ist im Himmelreich, ist größer denn er. " (Matth. 11 : 11)
Damit drückte er aus, daß Johannes, vom Gesichtspunkt der Mission aus betrachtet, ursprünglich als der größte aller Propheten kam, dann aber in der Erfüllung seiner Mission versagte.
Alle Menschen, die sich im Himmel, also in der geistigen Welt, befinden, wurden von Frauen geboren und lebten vor ihrem physischen Tod auf der Erde. Daher wäre es ganz natürlich gewesen, daß der Größte, der je von einer Frau geboren wurde, zugleich auch der Größte im Himmelreich sein sollte. Warum war Johannes weniger wert als der Geringste im Himmelreich? Viele Propheten der Vergangenheit wiesen indirekt auf den Messias hin und freuten sich auf sein Kommen, das noch in weiter Ferne lag. Johannes der Täufer jedoch hatte die Mission, der direkte Wegbereiter und Zeuge für den Messias zu sein. Vom Gesichtspunkt ihrer Mission aus betrachtet, war daher Johannes der Täufer der Größte unter ihnen, jedoch gemessen an dem Dienst, den er Jesus leistete, war er der Geringste. Der Geringste im Himmelreich erkannte Jesus als den Messias an und diente ihm, während Johannes der Täufer, der für die Mission berufen und vorbereitet war, den Messias persönlich zu umgeben und ihm zu dienen (Luk. 1 : 75), seinen eigenen Weg ging und damit in seiner Mission versagte. Weiter heißt es in Matth. 11:
Aber von den Tagen Johannes des Täufers bis hierher leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalt tun, reißen es weg. (Matth. 11 : 12)
Wenn Johannes der Täufer, der schon vom Mutterleibe an auserwählt und auf so schwierige Weise durch ein asketisches Leben in der Wüste vorbereitet war, ihm gedient hätte, wie es von ihm erwartet wurde, wäre er zweifellos der Hauptjünger Jesu geworden. Als er jedoch in der Erfüllung seiner Mission versagte, drängte Petrus sich gewaltsam in diese Position.
Mit dem Ausdruck "von den Tagen Johannes des Täufers bis hierher" und den nachfolgenden Worten meinte er nicht die Menschen im allgemeinen, sondern bezog sich direkt auf die Person Johannes des Täufers. Wenn Johannes sich weise verhalten und Jesus nicht verlassen hätte, wären seine Taten für immer als rechtschaffen anerkannt worden. Unglücklicherweise jedoch blockierte er sowohl für die Juden als auch für sich selbst den Weg zu Jesus.
Der entscheidende Faktor also, der zur Kreuzigung Jesu führte, war das Verhalten Johannes des Täufers. Paulus klagte über die Ignoranz der Juden, Johannes den Täufer eingeschlossen, die Jesus kreuzigten, und redete von der verborgenen Weisheit Gottes:
"welche keiner von den Obersten dieser Welt erkannt hat, denn wo sie die erkannt hätten, hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt." (l. Kor. 2 : 8)
Johannes der Täufer kam, um die Mission Elias zu erfüllen, die auf Erden bisher unvollendet geblieben war. In Lukas 1 heißt es von Johannes:
"Und er wird vor ihm hergehen im Geist und Kraft Elias, zu bekehren die Herzen der Väter zu den Kindern und die Ungläubigen zu der Klugheit der Gerechten, zuzurichten dem Herrn ein bereitet Volk." (Luk. 1 : 17)
Vom Gesichtspunkt der Mission aus betrachtet, war er der wiedergekehrte Elia. Auf Einzelheiten werden wir in dem Kapitel über die "Auferstehung" näher eingehen. Elia kam geistig auf Johannes den Täufer hernieder und versuchte, durch den physischen Körper Johannes des Täufers seine Mission zu erfüllen, die er in seinem physischen Leben auf Erden unvollendet ließ, indem er mit ihm zusammenarbeitete. Johannes repräsentierte also den physischen Körper Elias und war daher in der Erfüllung der gleichen Mission mit ihm identisch.
Aus den angeführten Bibelstellen ist ersichtlich, daß die Juden durch die Ignoranz und den Unglauben Johannes des Täufers beeinflußt wurden und Jesus schließlich kreuzigten. Es gab bis heute jedoch niemanden, der dieses himmlische Geheimnis erklären konnte. Das liegt daran, daß wir bisher die Bibel aus dem Verständnis heraus lasen und deuteten, daß Johannes der Täufer unumstritten der größte aller Propheten war. Wir haben aus der Geschichte um Johannes den Täufer gelernt, daß wir uns unbedingt von der konservativen Glaubenseinstellung lösen müssen, die uns nicht erlaubt, das traditionelle Glaubenskonzept zu durchbrechen. Wenn es ungerecht wäre zu glauben, daß Johannes der Täufer in der Erfüllung seiner Mission versagte, obgleich es die Wahrheit ist, wäre es ohne Zweifel ein falscher Glaube, der darauf besteht, daß er seine Mission erfüllte, während er in Wirklichkeit versagte. Wir müssen also um den richtigen Glauben kämpfen, der Geist und Wahrheit in sich vereinigt.