DIE SEGNUNG IN SEOUL

(Streiflichter eines Teilnehmers)

Freude und Hochstimmung waren am 21. August 1995 in der Schalterhalle des Schwechater Flughafens wahrzunehmen, als sich dort etwa 340 Segnungskandidaten aus Österreich und Osteuropa mit ihren Begleitern zu einem Direktflug von Wien nach Seoul einfanden. Ein ORF-Team filmte uns; hoffentlich konnte es die Atmosphäre einfangen. Wir checkten ein und bestiegen mit vielen guten Wünschen bedacht den eigens gecharterten größten Jumbo-Jet der Korean Air. Heftiger Monsunregen bei 35 Celsius empfing uns am nächsten Tag in Seoul und beglitt uns treu fast bis zum Heimflug. Rührige Koreaner sorgten für den Bustransport zu unserer Unterkunft, dem modernen Sporthotel "Bears' Town Resort", etwa zwei Stunden außerhalb von Seoul an einem Berghang mit Sessellift gelegen.

Der Gebäudekomplex beherbergte die Kandidaten aus Europa und Amerika. Wir bewohnten das Zentralgebäude, das "Tower Condo" hieß, von lat. "condominium" = "Zusammenwohnen", und diesem Namen machten wir alle Ehre:

Überhaupt hätte die gesamte Infrastruktur nicht besser sein können:

Diese Bedingungen erwiesen sich als förderlich für alle Beziehungen, horizontal und vertikal. Und wir konnten uns voll auf das konzentrieren, wozu wir hergekommen waren und was sich für mich chronologisch so darstellte:

Andere Geschwister haben noch an der CARP- Convention am Mittwoch und/oder den sportlichen Wettkämpfen am Samstag teilgenommen.

1. DIE FEIER DES HEILIGEN WEINES (24.8.1995)

"Trinkt alle daraus; das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Ich sage euch: Von jetzt an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken bis zu dem Tag, da ich von neuem davon trinke im Reich meines Vaters" (Matthäus 26,27-29).

Wir mußten etwa um vier Uhr aufstehen, um recht zeitig den Bus besteigen zu können, der uns zum Stadion brachte. Die Österreicher hatten den Bus Nummer 12 von insgesamt 33. Die Fahrt zum Stadion dauerte länger wegen der Überschwem mungen. Endlich standen wir vor dem Betonpalast. Von allen Seiten strömten die Paare hinein, in festlichen, aber noch nicht hochzeitlichen Gewändern.

Nachdem wir uns in den Massen verloren hatten, fanden wir mit einigem Glück österreichische Gesichter wieder, die, wie sich herausstellte, zum europäischen Sektor gehörten, mit gutem Blick auf die Tribüne. Wir schätzten 26.000 Teilnehmer in den überdachten Rängen des Stadions. Die nicht überdachten waren wegen des Regens frei geblieben.

Rev. Kwak hat die Feier in Abwesenheit der Wahren Eltern geleitet. Seine Ansprache, die absatzweise ins Japanische und Englische übersetzt wurde, konnte ich leicht mitschreiben.

Nach der Ansprache empfing eine Gruppe ausge wählter Paare den Heiligen Wein auf der Tribüne bei Rev. Kwak, danach brachten Repräsentanten den Heiligen Wein in kleinen Gläsern zu uns auf die Ränge. Alles vollzog sich ehrfurchtsvoll, rasch und voll Freude. Auch Männer weinten vor Er griffenheit. Ich freute mich, hinter mir Brigitte Plöchl mit dem Bild ihres Bräutigams zu sehen, assistiert von Peter Haider.

Nach dem Ende der Feier verzehrten wir unter einem Betonpfeiler unser Lunch-Paket. Da wir unseren Bus nicht fanden, gingen wir wieder ins Stadion zur Generalprobe für den nächsten Tag. Als der Regen zu stark wurde, gingen wir wieder auf Bussuche. Unterwegs schlossen sich uns mehrere umherirrende Österreicher an, bis wir den Bus fanden.

Im Hotel hieß es: Fotografieren! Die etwa 800 Paare zogen ihre Hochzeitskleider an, und eine Abordnung professioneller Fotografen bannte sie auf Zelluloid. Um Mitternacht kamen wir zur Ruhe, um vier Uhr hieß es wieder aufstehen.

2. DIE SEGNUNG (25.8.1995)

"Was ist das für ein Mensch, daß ihm sogar der Wind und der See gehorchen?" (Mk 4,41)

Hier möchte ich eine Bemerkung zur Wetter-Regie machen. Wie berichtet, regnete es die ganze Woche ununterbrochen, auch am Donnerstag während der Holy Wine Ceremony. Doch war das Wetter genau geplant, wie uns die Ansagerin versicherte, und der Regen ein Zeichen für Gottes Segen. Ich spürte das Gebet vieler um schönes Wetter.

Auch am Beginn der Segnung am Freitag regnete es, sodaß wir alle mit Schirmen und Regenmänteln dastanden. Wieder merkte ich, daß viele um schönes Wetter beteten. Doch die Ansagerin meinte, mit dem Wetter wäre alles okay. Zwei Programmpunkte vor dem Einzug der Wahren Eltern wurden wir über Lautsprecher aufgefordert, die Schirme abzunehmen. Da regnete es nur mehr leicht. Einen Programmpunkt vor ihrem Einzug wurden wir aufgefordert, auch die Regenmäntel abzulegen. In diesem Augenblick hörte es zu regnen auf und die Wahren Eltern zogen ein. Während der eineinhalb Stunden ihrer physischen Anwesenheit fiel kein Tropfen vom Himmel. Aber nach dem Gratulationslied tröpfelte es schon wieder, und die Wahren Eltern verließen die Tribüne im Regen.

Am Samstag verwandelten sich die Straßen in Bäche, die Medien berichteten über Überschwem mungen, Vermurungen, Brückeneinstürze mit Zugentgleisungen und 36 Todesopfer. Doch am Sonntag zeigte sich schon in der Früh blauer Himmel, und während der Hanmadang-Spiele verging auch das letzte Wölkchen. Die ganze Feier fand in vollem Sonnenschein statt. Ich brauche niemanden, der mir den Grund dafür erklärt.

Doch zur Segnung. Die Feier begann gegen 10 Uhr mit einigen Proben. Meine Frau und ich standen auf der Sprintbahn rechts vor der Tribüne, hinter Gerald Klingler und Bettina Hilti. Der ORF filmte uns, und wir wurden kurz interviewt. Nach dem Einzug der Wedding Attendants zogen um 11 Uhr die Wahren Eltern ein. Nach dem Eingangsgebet segnete Vater das Holy Water, er und Mutter versprühten es zuerst selbst, dann durch Repräsentanten, die durch unsere Reihen schritten, sodaß jeder eine Ladung abbekam. Danach legten wir die Segnungsgelübde ab und tauschten die Eheringe aus. Dabei wurden wir gefilmt. Nach Vaters ergreifendem Segensgebet wurde das Gratulationslied gesungen. Der Ex- Präsident des südkoreanischen Parlaments als Vertreter der östlichen und der Präsident von Costa Rica als Vertreter der westlichen Welt gratuliertern. Nach dem Auszug der Wahren Eltern gratulierten viele Geschwister einander. Danach filmte und inter viewte uns wieder der ORF. Da das anschließende Unterhaltungsprogramm buchstäblich ins Wasser fiel, fuhren wir gleich ins Hotel zurück.

In der Empfangshalle ein wenig fotografierend, setzte ich mich zu Gerhard Bessell. 40% seiner Zeit hier in Seoul, sagte er mir, sitzt er nur da, schaut und hört zu. Es macht ihm Freude zu sehen, wie gut die Paare zusammenpassen, die Vater zusammen stellt. Für ihn ist Vater "der beste Heirats vermittler", seine Ehepaare sind "die crème de la crème".

3. EIN FREIER TAG MIT MEINER FRAU (26.8.1995)

Es regnete in Strömen. Wir mischten uns unter die Sportler, die ins Sonchong-Stadion in Seoul fuhren. Von dort gelangten wir mit dem Linienbus ins Stadt zentrum. Die Zeit bis zu unserem Drehtermin mit dem ORF füllten wir mit einem Besuch der katholischen Märtyrer-Gedächtniskirche Choltusan aus. Sie wurde auf einen Felsen am Fluß Han gebaut, auf dem im 19. und am Beginn des 20. Jahrhunderts tausende Katholiken wegen ihres Glaubens exekutiert und dann in den Fluß geworfen worden waren. Dieses Opfer hat Vaters Geburt mitermöglicht. Meine Frau sagte, daß sie viele Schmerzen an diesem Ort wahrnimmt.

Am verabredeten Eingang des Königspalastes ange kommen, konnten wir das Filmteam nicht finden. Nach zwei Stunden ergebnisloser Suche beschlossen wir, ins Restaurant zu gehen. Dort trafen wir das Filmteam, das den gleichen Gedanken gehabt hatte und zur gleichen Zeit dort ankam. Großes Hallo und Erleichterung. Nach drei Stunden Filmarbeit waren wir wieder frei und wollten eiligst zum Stadion, um den Bus zum Hotel nicht zu versäumen. Wir wußten nicht einmal, ob er nicht schon abgefahren war. Im strömenden Regen - zum Glück hatte meine Frau einen Schirm gekauft, der groß genug für uns beide war - suchten wir nach dem Linienbus, konnten ihn aber lange Zeit nicht finden. Wir stellten uns schon darauf ein, in Seoul zu übernachten, obwohl Seoul und die Kirchenzentren wegen der Segnung überfüllt gewesen wären. Da fanden wir den Linienbus und kamen gerade noch rechtzeitig beim Stadion an.

4. DAS ZWEITE WELT-HANMADANG (27.8.1995)

Es war ein überwältigendes Kultur- und Sportprogramm der Wahren Eltern für die Welt. Da diesmal nichts übersetzt wurde, konnten wir Vaters Ansprache und die des CARP-Präsidenten Jin-Hun Park nicht verstehen. Es war in drei sukzessive Stufen eingeteilt:

Es war ein Gottesdienst. Alles, was darin vorkommen sollte, war zuerst nicht da und zog dann feierlich ein oder wurde hereingeschafft und am Schluß wieder hinausgeschafft: die VIPs, die Wahren Eltern, die Teams, die Flaggen und Symbole wie das heilige Feuer; es gab Huldigungen an die Nation und die Wahren Eltern, es gab den athletischen Eid, drei Mansei etc. Nachdem alles da war, ging's los. Ein großartiges Spektakel von überwältigender Ausdruckskraft, nichts geriet außer Kontrolle, alles war gezielt.

Unvergeßlich das Little Angels Ballett. Kleine Gruppen wuchsen in wellenförmigen Lockbe wegungen zu größeren zusammen, und schließlich zu einer einzigen ganz großen. Dann nahmen sie einen riesigen Globus in ihre Mitte, um den die HARPies tanzten, und einer begann, das Getümmel immer wieder mit der Vereinigungsflagge zu umzingeln, bis alle spürten: jetzt ist Einheit.

Während des ausgezeichneten Mittagessens in Plastikpackungen begannen die sportlichen Ausscheidungskämpfe. Man merkte, wie sehr die Wahren Eltern mitfieberten, und wir begannen, laut für Europa zu cheeren. Immerhin gewannen wir im Fußball gegen Amerika.

Am Abend im Hotel sprach Präsident Sa. Er ent schuldigte sich dafür, daß manche Schwestern nicht gematcht werden konnten, obwohl er sein Äußerstes getan hatte. Dann erzählte er uns die Geschichte von dem Bruder, der wenige Tage vor der Segnung abgelehnt worden war und dadurch wieder frei war zum Matching. Präsident Sa beriet sich mit Zuständigen, mit welcher Schwester er gematcht werden konnte, und fand eine. Aber ihre Fotos fand er nicht. Also wie sollte er die beiden Vater vorstellen? Es war schon der Tag der Segnung. Präsident Sa raste mit dem Foto des Bruders in die Residenz der Wahren Eltern, die gerade beim Frühstück saßen, und sagte: "Dieser Bruder muß mit der und der Schwester gematcht werden." Doch Vater sagte, ohne Foto kann er sie nicht matchen. Präsident Sa insistierte: "Du mußt ihn einfach matchen." Da schaltete sich Mutter ein. Das Paar solle 20 Minuten vor Beginn der Zeremonie im Stadion vor dem Zimmer der Wahren Eltern warten. Dann können sie sich dieses Paar persönlich ansehen. Und so geschah's. Das Paar fand sich schon in Hochzeitskleidern ein, und die Wahren Eltern waren der Meinung, daß sie gut zusammenpaßten. Aber Präsident Sa war nicht da. Also riefen sie Präsident Sa über die Mobiltelephonnummer an, er möge so bald wie möglich kommen. Er kam, und Vater fragte: "Ist das das Paar, von dem du gesprochen hast?" Präsident Sa bejahte. So genau ließ sich Vater das bestätigen, damit wirklich alles in Ordnung war.

Präsident Sa nahm die Siegerehrung der Europäer vor. Es folgte die Indemnity Stick Ceremony, darauf Packen und Abfahrt. Während des Rückfluges versuchten wir unser Schlafdefizit nachzuholen, das wir erst jetzt zu spüren begannen.

Martin Deininger